Tol Banred im 4. Zeitalter
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Tol Banred im 4. Zeitalter

Geschichten aus dem Alltagsleben der Menschen von Dol Banred
 
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 die Ankunft

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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 7:48 pm

Pai Lao, vom 26. Oktober 2011, um 21:41 Uhr

Unentschlossen nickt er. Lächelt immer noch, aber es wirkt hilflos und verunsichert. Erwartungsgemäß verläuft diese Angelegenheit nüchtern und sachlich. Doch genau das ist es, was ihm zu schaffen macht. Die Brust schnürt sich ihm zu. Der Kloß im Hals wächst unaufhaltsam, entgegen aller Vernunft. Er ist kein Unbeteiligter. Er kann nicht ignorieren und sich fühlen wie ein zufälliger Besucher am Rande der Geschichte. Nach Westen... Unwillkürlich folgen seine Augen Ilmars Handbewegung. Als könnte er das kleine Eiland sehen, auf dem die Reise ihr Ende finden soll. Vorzeitig? Nein, bestimmt nicht. Der gute Mann war alt und hatte ein erfülltes Leben, möchte man meinen. Angestrengt presst Pai die Lippen aufeinander, wobei er aussieht wie ein störrischer Wasserbüffel.
"Das... Das ist sehr freundlich." Über den Preis macht er sich keine Gedanken. Denn es gibt ja noch Ersparnisse, die nur für diesen Zweck gehütet wurden. "Ich denke schon, ich werde zur gegebenen Zeit... einen Gräber brauchen?" Seine Mundwinkel zucken. Ihn überkommt die Angst, dass Ilmars nächste Antwort so ausfallen wird, wie es ihm der Wirt des 'Geneigten Humpen' prophezeit hat. Nämlich alles andere als befriedigend. "Es ist so: Mein geehrter Großvater Tharphuil soll ein Begräbnis nach Gondors Traditionen erhalten. Nur hat er mich darüber nichts gelehrt. Ich weiß, man gibt den Leichnam in die Erde." Er atmet schwer durch und es entsteht abermals eine Pause, die erahnen lässt, wie viel Wissen da noch folgen wird. Nun...
"Braucht es bestimmte Riten? Sprüche oder Gaben für den Weg zu Mandos Hallen? Soll ich ein Fest herrichten?"
Schwarze Kleidung fällt ihm noch ein. Der Jäger hat davon etwas erzählt. Er will es ja richtig machen. Es sollen nicht nur die notwendigsten Dinge geschehen, sondern die, die angebracht sind. All jene Dinge, die im Bereich seiner Möglichkeiten liegen. Fast flehentlich blickt der Junge den Rathausdiener an. Mit einer Abfertigung ohne feierliche Zeremonie kann und will er sich nicht abfinden.
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 7:49 pm

Rathausdiener Ilmar, vom 27. Oktober 2011, um 20:02 Uhr

Eigentlich war Ilmar davon ausgegangen, dass jetzt nahezu alle Fragen beantwortet sind, dass der Mann sozusagen seine Leiche nimmt und dann schon weiß, was zu tun ist. Doch es scheint, als hätte Ilmar sich getäuscht. Pai wirkt keinesfalls zufrieden mit seinen Auskünften. Im Gegenteil. Er sieht verunsichert aus, was Pai so jung wirken lässt, wie er tatsächlich ist.

Ilmar blickt den jungen Man nachdenklich an und faltet dabei seine weichen Bürokratenfinger abermals zusammen, nur um sie kurz darauf wieder zu lösen und erneut zu falten.
"Hm...ich verstehe", sagt er dann und beugt sich in seinem Stuhl nach vorne, so dass dieser angesichts der enormen Gewichtsverlagerung ein ächzendes Geräusch von sich gibt.
"Nun, wie es aussieht braucht ihr noch etwas mehr Hilfe Informationen, damit Euer Großvater ein würdiges Begräbnis bekommt." Ein kurzer Moment des Schweigens folgt, als müsse der Rathausdiener noch überlegen, ob er diese Informationen herausrückt. Aber dann spricht Ilmar freundlich, in beinahe väterlichem Tonfall weiter.

"Gondors Sitten sind in diesem Fall nicht immer einheitlich, müsst Ihr wissen. Sie unterscheiden sich je nachdem ,woher der Verstorbene stammt. Aus welchem Teil Gondors ...." Ilmar holt einmal etwas tiefer Luft und überlegt, ob er das weiter ausführen soll, entscheidet sich dann aber dagegen.
"Einige bevorzugen die Feuerbestattung, andere die Bestattung in heimatlicher Erde, so wie viele Einheimische es hier tun. Der allgemeine Ablauf ist aber meist ähnlich. Die Grabstätte wird vorbereitet. Der Tote wird für die Zeremonie zurechtgemacht. Meist erledigen dies die weiblichen Familienangehörigen. Dann wird der Leichnam feierlich zu Grabe getragen oder verbrannt. Und...ähm...jemand hält eine Rede. Gewöhnlich irgendwer, der dem Toten nahestand. Das können auch mehrere sein. Im Grunde –Ilmar zuckt mit den Schultern- je mehr desto besser. Bei manchen spricht sogar jemand mit einem Würdenamt. Jemand aus dem Tempel zum Beispiel. Als damals der Vor-Vorgänger unseres werten Marktvogts so plötzlich das Zeitliche segnete, hat sogar der Vertreter des Statthalters eine Rede gehalten!", vertraut Ilmar Pai an und beugt sich angesichts dieser sensationellen, vertraulichen Information noch etwas weiter vor, so dass spätestens jetzt eine leichte Note der letzen Mahlzeit in seinem Atem wahrnehmbar wird. Irgendwas zwischen Zwiebeln, Knoblauch mit einem Hauch von Bierfahne.

"Darf ich mir eine Frage gestatten?" Ilmar rückt wieder etwas von Pai ab und sieht ihn mir erhobenen Brauen an, bevor er zögerlich fortfährt:
"Es macht den Eindruck, als müsstet Ihr diese Bürde ganz allein tragen. Gibt es denn keine weiteren Angehörigen? Freunde? Trauergäste?"
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 7:50 pm

Pai Lao, vom 29. Oktober 2011, um 20:24 Uhr

Zaghaft bejaht er stumm. Bangt, das man ihn mit dieser Problematik allein lassen wird. Was soll sich auch ein städtischer Beamter mit den Schwierigkeiten eines dummen ostländischen Jungen herumschlagen, der ihm nur wertvolle Zeit raubt. Warum soll er ihm seine Geschichte überhaupt glauben? Da kann ja jeder kommen und fröhlich Behauptungen aufstellen ohne einen einzigen Beweis in Händen zu halten. Ich hätte das Buch mitbringen müssen... Der Wert des Schriftwerkes allein wäre aussagekräftig genug gewesen. Doch er täuscht sich. Ilmar ist nicht nur taktvoll, sondern auch weise und mitfühlend. Ein wohliger Schauer von glücklicher Erleichterung strömt durch Pais Leib. Fast möchte er dem fülligen Mann um den Hals fallen.
"Er stammt ursprünglich aus Pelargir." Beeilt sich aber zu sagen: "Doch Dol Banred hat er immer als seine Heimat im Westen genannt." Also das Erdgrab. Da lag er richtig. Es klingt soweit einfach bis... Zurechtmachen? "Ich habe nur noch seine Knochen. Sie sind hergerichtet nach Bräuchen des Ostens und auch sehr hübsch geworden." merkt er an und hofft, dass das keine Hürde sein wird. Würdevoll wirkt die kostspielige Arbeit an den Gebeinen des Weltenseglers seinem Empfinden nach auf jeden Fall. Und ganz nebenbei wäre es zudem reichlich unappetitlich gewesen, eine zerfallende Hülle durch Mittelerde zu transportieren. Weibliche Verwandte lassen sich jedoch sicher nicht herbeischaffen. Nach Pais Wissen, wurde vor dem Abbruch aller Zelte in Pelargir, sämtliche Habe verkauft. Es gab dort nichts und niemanden mehr, der die Männer hätte zurückhalten können - zu wenige Nachkommen waren seit jeher Fluch der Familie; der Krieg hatte sein Übriges beigetragen. Die Sippe seiner Großmutter Gretta hingegen, die damals hier irgendwo in näherer Umgebung in ärmlichen Verhältnissen hauste, hat er nie kennen gelernt oder auch nur viel über sie erfahren. In Tharphuils Erzählungen erschienen sie wie Drachen, an die man mit einem verkniffenen Lächeln höchst selten zurückdenkt. Erzkonservative Gewohnheitstiere, verwachsen mit Gondors karger Erde und der häuslichen Esse, die beileibe nichts für exotische Abenteuer und Träume von wässrigen Tropenfrüchten übrig hatten, und es als schandhafte Entführung ansahen, als der Seemann seine ernsthafte Frau zur Reise überredete. Selbst wenn die schier aussichtslose Suche nach ihnen wie durch ein Wunder von Erfolg gekrönt sein würde, hätten sie sicher besseres zu tun als zur Beerdigung des verhassten 'Seeräubers' zu kommen. Pais Verwandtschaft mütterlicher Seite - so zahlreich, dass man nahezu von einer Heermacht sprechen darf - würde sich wiederum gar nicht erst die Mühe machen, eine Nachricht aus der Ferne vorlesen zu lassen. Und auch dann hätten sie nicht die Möglichkeit anzureisen.
Eine Rede. Pais Gedanken kehren zu Ilmars Worten zurück. Je mehr, desto besser, hm? Jetzt wären wir... zwei. Herr Ayio hält bestimmt eine. Aufgeregt lauscht der Junge, brennend interessiert an brisantem Klatsch, und in keinster Weise abgeschreckt von würzigen Munddünsten - solange es sich dabei nicht um einen belegten Milchatem handelt. "Dann darf ich wirklich im Tempel nachfragen, ob dort jemand für meinen Großvater spricht? Das wäre wunderbar!" Vielleicht bekommt er am Ende doch seinen 'heiligen Mann' für die Zeremonie! "Und sogar ein Beamter der Stadt?" Er glaubt fest daran, dass Tharphuil eine solche Ehrung verdient hat. "Natürlich, wenn.... wenn es ausreichend und wichtig genug ist, den Seeweg bis zum Roten Fluss zu entdecken." Leise wird dies angefügt. Bescheiden sieht er rasch zu Boden. Er schaut erst wieder auf, als der Stadtdiener sich an ihn wendet.
"Einen alten Bekannten vom Jademeer habe ich heute wiedergetroffen." gibt er strahlende Auskunft. Obwohl diese Nachricht jämmerlich wirken mag, ist es mehr, als Pai sich erhofft hat. "Sein Sohn, also meine Eltern, leben im Fernen Osten. Ebenso wie langjährige Freunde. Manche auch im Süden. Es ist schwierig. Sie sind sehr verstreut. Aber ich werde gewiss eine Botschaft verschicken." Allmählich reift da eine Idee in seinem Kopf... "Man könnte hoffen, dass sich ein paar zusammenrufen lassen, wenn man einen Sommer und einen Winter lang wartet." formuliert er die Vorstellung schließlich laut. Ob das wohl seltsam wäre? Den Großvater juckt die Zeit jedenfalls nicht mehr, wie er bestimmt sagen würde. Ein Jahr... Was ist schon ein Jahr? Immerhin ist er am Ziel. Das größte Hindernis - Dol Banred zu erreichen - ist hiermit überwunden. "Wenn ich viele gute Reden möchte, dann würde sich niemand über ein Aufschieben der Angelegenheit empören, oder?"
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 7:52 pm

Rathausdiener Ilmar, vom 01. November 2011, um 19:08 Uhr

"Soso. Hergerichtet nach den Bräuchen des Ostens? Hmhm." Ilmar nickt zufrieden, so als wüsste er über östliche Bräuche genau Bescheid, was natürlich nicht stimmt. Sogleich fragt sich der Rathausdiener, was man wohl mit den Gebeinen des Toten angestellt hat. Möglicherweise gebleicht? Oder gar mit merkwürdigen Schriftzeichen versehen? Vielleicht seltsam kunstvoll zusammengefaltet? Den Ostlingen ist ja so manches zuzutrauen...
Ilmar schüttelt kaum merklich den Kopf, um das aufsteigende Bild eines ganzen filigranen Knochenkunstwerkes daraus zu vertreiben.

"Knochen sind vollkommen ausreichend -und zudem so viel praktischer als ein stinkender Leichnam-", sagt er nur knapp und hält sich auch nicht mit langen Reden auf, als Pai den Tempel erwähnt.
"Ja, sicher. Fragt ruhig im Tempel nach. Ich kann Euch nicht sagen, ob Eure Erwartungen dort erfüllt werden. Aber ein Versuch ist es wert", meint Ilmar und lächelt dabei zuversichtlich.

Was die Beteiligung des Rathauses angeht, so hüllt sich der Rathausdiener vorerst in Schweigen. Mag sein, dass der Verstorbene ein bedeutender und äußerst ehrenwerter Bürger war,der sich um die Stadt verdient gemacht hat, aber übereilt gibt Ilmar keine Zusagen dieser Art. Es muss schließlich alles seinen Amtsweg gehen und das braucht seine Zeit.

Wie es sich jetzt herausstellt, scheint Zeit aber keinerlei Problem zu sein, denn Pai spielt laut mit dem Gedanken, die Beisetzung aufzuschieben. Und zwar nicht nur ein paar Tage, sondern um Monate!
Das ist ungewöhnlich. So ungewöhnlich, dass Ilmar erst einmal darüber nachdenken muss, bevor er antwortet. Er runzelt die Stirn und denkt.

"Jaaaah", sagt er schließlich gedehnt. "Im Grunde wäre das kein Problem. Ich sehe keinen wichtigen Grund zur Eile. Nur, wo gedenkt Ihr die Gebeine des Toten solange aufzubewahren? Die Knochen sollten an einem würdigen Ort zwischengelagert ruhen, bis sie ihrer endgültigen Ruhestätte zugeführt werden können!"
Denn wo kommen wir sonst hin, wenn zukünftig jeder seinen Großvater erst ein Jahr im Wandschrank aufbewahren möchte?
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 7:53 pm

Pai Lao, vom 05. November 2011, um 16:20 Uhr

"Aye." spricht Pai stolz. Er überhört die sacht anklingende Frage und glaubt glücklich, jemanden vor sich sitzen zu haben, der sich mit diesen Dingen auskennt und die Mühen zu würdigen weiß. "Es war sehr schwierig so weit im Westen einen Götterdiener zu finden, der es macht. Und teuer!" vertraut er Ilmar an. "Aber das Lächeln der Ewigkeit wird trüb und grau, sobald man seine Pflicht vernachlässigt, ne?" Sie verstehen einander. Zumindest fühlt Pai sich verstanden. Wenngleich der Beamte möglicherweise rein gar nichts von östlicher Heiterkeit über rätselhafte Redewendungen versteht.
"Ich danke Euch vielmals. Das werde ich tun." Pai atmet befreit aus. Sichtbar fällt die Sorge von seinen Schultern. "Und da befürchtete ich schon zu unrecht, die Begräbnissitten wären ganz und gar... ordinär." Eines muss nun unbedingt noch erwähnt werden. "Vielleicht hilft es auch, zu bemerken, dass mein Wort nicht allein steht? Ich verwahre Tharphuils Vermächtnis: Das Buch, in dem er über seine Reisen und Entdeckungen schrieb." Vorerst wird er es niemandem einfach überlassen. Aber er hätte nichts dagegen, wollte die Stadt oder der Tempel einen Blick darauf werfen. Der Lauf der Dinge genügt also seinen Anforderungen. Derart froh gestimmt entgeht ihm deshalb leichthin der versteckte Einwand. "Wie? Bei mir natürlich. Ich habe doch einen Hausschrein."
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 7:53 pm

Rathausdiener Ilmar, vom 07. November 2011, um 17:58 Uhr

Ilmar gibt sich verständnisvoll, lächelt an den richtigen Stellen und nickt, obwohl sich ihm der Sinn des östlichen Spruchs nicht offenbart. Aber das ist ja auch nicht so wichtig. Wichtiger ist, was nun mit den Gebeinen des Verstorbenen geschieht.
Doch selbst das gerät beinahe in Vergessenheit, als Pai das Buch erwähnt. Was sind schon bleiche Knochen im Vergleich zu seltenen Schriften? Als jemand, der tagtäglich mit Aufzeichnungen zu tun hat, ist sich der Rathausdiener der Bedeutung eines solchen Buches durchaus bewusst. Darum nickt er den erwähnten Hausschrein einfach nur ab, als wäre es das Normalste von der Welt, dass jeder Bürger so etwas daheim hat, und widmet seine Aufmerksamkeit lieber dem, was der Verstorbene außer Gebeinen sonst noch hinterlassen hat.

"Es gibt Aufzeichnungen über seine Reisen und Entdeckungen?" Ilmar beugt sich vor und in seinen Augen lodert echtes Interesse. "Von der Entdeckung dieses...dieses…wie sagtet Ihr vorhin? Neuen Seeweges? Interessant! Sehr interessant! Habt Ihr es dabei? Kann ich es einmal sehen?" Ilmars Hände, eben noch gelangweilt ineinandergelegt, wirken plötzlich rastlos.
"Wäre es möglich, eine Abschrift davon anzufertigen?" fragt er vorsichtig.
Das würde natürlich viel Zeit in Anspruch nehmen. Aber wenn der Tote ohnehin erst in einigen Monaten beigesetzt werden soll, sollte die Zeit reichen.
Ein interessantes neues Werk könnte die Bibliothek des Tempels bereichern. Oder im Rathaus ausgestellt werden....
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 7:54 pm

Pai Lao, vom 13. November 2011, um 17:50 Uhr

Es hilft wirklich. Mehr als er erwartet hat. Beifällig wiegt Pai den Kopf und sonnt sich in der ungeteilten Gunst des Beamten. Es fühlt sich gut an, die nun fast greifbare Spannung in Händen zu halten. Besonders für ihn, der in Belangen von Bedeutsamkeit stets in mächtigen Schatten gestanden hat. Doch es ist keine überhebliche Arroganz, die da in ihm heranreift. Sein Strahlen rührt von anderer Stelle her. Er ist ein Junge, der über sein behütetes Kleinod Bescheid weiß. Aber eben immer noch ein Kind. Und er brennt darauf, seinen Schatz den Erwachsenen zu zeigen um dafür Lob und Anerkennung zu ernten. "Freilich!" Grinsend verfällt er ganz in diese Rolle. Mit knabenhafter Begeisterung beginnt er schwungvoll zu gestikulieren. "Worte und Karten über die wilden Gewässer, Länder und Völker. Haradwaiths Küsten: Von Anbalûkkhor zum Südkap..." Halbwegs gelingt es, das Geräusch klatschender Wellen, die gegen einen Schiffsrumpf branden, zu imitieren. "an der Insel Mulambur vorbei, hinauf zu den Wüsten Amrûns..." Seine Handbewegung deutet anschaulich die Fahrt durch das Innere Meer an. "Die Vogelreiche am Jademeer. Puratyas Regenwälder. Und schließlich das Ende der Welt, nach dem nichts mehr kommt außer dem Rhûgaer, dem großen Ostozean." Pais Augen funkeln. "Es ist ein bisschen zu schwer und zu wichtig, um es immerzu mit mir herumzutragen." Entschuldigend breitet er die Arme. Legt gleich darauf die Fingerspitzen wieder aufeinander. Antwort genug, um zu zeigen, dass er es hier und jetzt nicht am Leibe versteckt hat. "Aber Ihr könnt es sehr gern sehen, ehrenwerter Herr Stadtdiener. Mein glückliches Selbst freut sich über hohen, achtbaren Besuch." Ob sich sein Gastgeber auch darüber freuen wird, steht dabei noch in den Sternen. "Dann kann alles Weitere in Ruhe bei einem Tee besprochen werden." Nichts drängt mehr. Die größte belastende Sorge ist von seinen Schultern gefallen. "Vielleicht morgen?" Was nach östlichem Verständnis auch in einer Woche oder einem Mond sein kann. "Bei dem netten und grausamen Herrn Barbier Luculus bin ich untergekommen. Der Freund eines Freundes meines Großvaters, ja? In der Straße ähm links von hier aus, gleich hinter dem inneren Mauertor."
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 7:55 pm

Rathausdiener Ilmar, vom 16. November 2011, um 17:59 Uhr

Ilmar gerät angesichts der lebhaften, vor Begeisterung sprühenden Beschreibung ins Staunen. Er folgt mit den Augen jeder von Pais Handbewegungen.
Allerdings erwacht nun auch ein Hauch von Skepsis in dem Rathausdiener. In Momenten wie diesem wird doch deutlich, was für ein Kindskopf hier eigentlich vor ihm steht. Ist es wirklich möglich, dass dieser Junge ein bedeutendes Werk der Schriftkunst sein eigen nennt oder übertreibt er am Ende maßlos? Warum hat nicht längst jemand die jugendliche Naivität des Ostlings ausgenutzt, um sich des Werkes zu bemächtigen, wenn es denn tatsächlich von Wert ist? Oder ist dies tatsächlich ein Glücksfall und ein wahrer Schatz fand auf verschlungenen Pfaden unbeschadet den Weg nach Dol Banred?

All diese Fragen lassen sich nur beantworten, wenn Ilmar die Möglichkeit bekommt das Buch eingehender zu betrachten. In Ruhe. Möglichst allein. Daher gefällt ihm Pais Vorschlag nicht sonderlich. Ihn besuchen und Tee trinken? Nein, das will Ilmar eigentlich nicht. Er will keine Besuche machen, keine wertvolle Zeit damit verschwenden, in den Sitzmöbeln anderer Leute festzuhängen, sich lange Geschichten anzuhören, Tee zu trinken und über diese und jene Belanglosigkeit zu lamentieren bei irgendeinem Freund vom Freund des Großvaters dieses Jungen, bis man sich unter einem Vorwand endlich verabschieden kann . Sein Interesse gilt allein dem Buch. Ein kurzer Blick oder zwei sollten da vorerst genügen, um sich ein erstes Bild zu machen. Doch will er Pai auch nicht kränken oder verärgern. Zu groß ist Ilmars Furcht, dass er dessen Buch sonst nie zu Gesicht bekommt. Darum gilt es behutsam vorzugehen.

"Das ist sehr freundlich. Vielen Dank. Ich weiß Eure Einladung zu schätzen. Aber private Besuche sind mir während meiner Arbeitszeit nicht möglich und wir ersticken momentan in Arbeit, so dass ich kaum aus dem Rathaus herauskomme." Ilmar unterstreicht seine Worte durch eine ernste und gewichtige Miene, angereichert mit einer Spur von Bedauern.
"Besser wäre es, wenn Ihr das Buch hierher bringt und wir gemeinsam hineinschauen. Ist das möglich?" Ilmar trägt diese Bitte höflich vor und findet noch ein weiteres Argument: "Wenn das Buch von Interesse für die Stadt ist und ihr einer möglichen Abschrift nicht abgeneigt seid, ist es außerdem von Vorteil, wenn auch andere, ranghöhere Amtspersonen als ich es bin, einen Blick darauf werfen können."
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 7:56 pm

Pai Lao, vom 20. November 2011, um 00:00 Uhr

Ilmars Worte verdutzen ihn. Nicht nur, das der Mann ein persönliches Treffen höflich ablehnt. Für den Moment vergisst er auch einen wesentlichen Unterschied zwischen Ost und West. Die Beamten hier sind nicht in ihre Rollen hineingeboren. Für sie endet irgendwann der Dienst, so wie ein Handwerker eben seinen Laden schließt. Und sie schicken auch keine niederen Diener oder Sklaven, wenn der Tag zu kurz oder die Lust verflogen ist. Pai zieht die Brauen dicht zusammen. Nicht weil er böse ist. Das ernste, düstere Gesicht zeigt wie scharf er über den Vorschlag nachdenkt. Eine ganze Weile grübelt er starr und schweigsam.
"Ich... Ich möchte geschützt sein." meint er endlich. Viel zu leicht könnte man ihn hinter diesen dicken, eingeschworenen Mauern überwältigen und kein Mensch würde es mitbekommen. Oft genug hört man grausige Geschichten von skrupellosen Praktiken, wenn Geld oder Gegenstände von Wert im Spiel sind. Außerdem geht so sein ausgeheckter Plan nicht auf und die Überraschung damit verloren. Aber bestohlen und umgebracht werden möchte er keinesfalls deswegen. Seufzend hellen sich seine Züge wieder auf. Fertig gedacht. "Es ist die einzige Versicherung die ich habe, darum verzeiht bitte meine Widerrede." Ein bisschen beunruhigt durch die eigene Aufregung beißt der Junge auf seine Unterlippe. "Genügt es denn, erst einmal eine der Karten herzubringen? Überzeugt Euch, mein Herr. Verlegen wir den Besuch auf leichtere Stunden. Und es soll der Stadt kein Schaden entstehen."
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 7:57 pm

Rathausdiener Ilmar, vom 23. November 2011, um 18:06 Uhr

Aha! Ilmar beobachtet das plötzlich sehr nachdenklich gewordene Gesicht des jungen Ostlings und zieht daraus seine eigenen Schlüsse. Das Zögern kann doch nur eines bedeuten: Etwas stimmt nicht mit dem Buch. Warum sonst sollte es Pai nicht möglich sein, das Buch zur Ansicht vorbeizubringen? Wahrscheinlich würde es einer näheren Überprüfung gar nicht standhalten!
Hm, wie schade, denkt sich Ilmar schon, wird dann aber durch Pais Worte aus dem Konzept gebracht. Geschützt? Was meint er damit? Vor wem denn? Ilmar versteht zuerst nicht ganz, worauf Pai hinaus will, aber dann fällt ihm wieder ein, wie jung sein Gegenüber noch ist. Wahrscheinlich will er sich erst mit diesem Verwandten (oder dem Freund vom Freund oder wem auch immer) beraten, den er erwähnt hat.

Ilmar beschließt daraufhin, sich in vorerst Geduld zu üben. Weil die Bestattung des Toten in weiter Ferne liegt, läuft ihm schließlich nichts weg.

"Hm, das ist schon in Ordnung. Ihr kamt ja auch ursprünglich wegen eines anderen Anliegens hierher. Da ist jetzt sicher viel zu bedenken." Ilmar lächelt kurz und räuspert sich dann.
"Ich würde mich aber freuen, bald wieder von Euch zu hören oder eine dieser Karten bestaunen zu dürfen. Alles weiter sollten wir ...wie Ihr so schön sagtet…auf eine leichtere Stunde verlegen“, spricht er leichthin mit der Gewissheit, dass er schon irgendetwas von dem geheimnisvollen Werk zu sehen bekommen wird, auch wenn er nicht gleich wie ein Hündchen springt und auf alles eingeht, was Pai vorschlägt. Derweil wird der Rathausdiener genügend Zeit haben, um sich schlau zu machen über besagten Seefahrer. Vielleicht findet er noch etwas über den Mann im Archiv.
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 7:58 pm

Pai Lao, vom 27. November 2011, um 21:45 Uhr

"Ja." antwortet er und lächelt gleichzeitig traurig und glücklich, was eine seltsame bewegende Mischung ergibt. Nicht die Sammlung von Papier und Tinte sollte zu sehr im Vordergrund stehen, sondern der heldenhafte, verstorbene Heimkehrer. Pais Körper fühlt sich warm und weich an. Noch nie hat er diese eine, seine beste Karte ausgespielt, aus Furcht alles andere könnte davor im Hintergrund verblassen, und doch ist es ihm gelungen sie ebenso noch zu verbergen. Vor Gier und Leichtsinn? Es ist ihm klar geworden, wie sehr er Acht geben muss. Sonst wird er am Ende allein dastehen. Aber er hat sich Gehör verschafft. Hat dem, mithilfe schillernder Verheißungen, Nachdruck verliehen. So schnell, wird man ihn nicht vergessen hier im Rathaus. Und er ist erleichtert darüber, nicht als Niemand zu gehen. Eine Erleichterung, die ihm gewährt, eine wohlige Erschöpfung zu empfinden, als würde er sich dem Schutz zweier starker Arme hingeben. "Ja, ich freue mich auch darauf." Seine Verneigung zum Abschied fällt angemessen tief und respektvoll aus. Keine plumpe Verbeugung eines Bauern ist es, so viel lässt sich dabei erkennen, während das Gold seiner Ohrringe bei jener Bewegung geheimnisvoll und leis wie zarte Schellen erklingt. Es zahlt sich aus, in Situationen wie diesen, am Hofe eines Fürsten gelebt zu haben. "Phaeleb, Parras Sohn, spricht Euch seinen Dank aus, mein Herr." Sein früher so verhasster, westlicher Name ohne tiefe Bedeutung hat nun auch einen Sinn gefunden. Einen Ort, an dem es sich lohnt ihn zu nennen und er von Nutzen sein kann. Und damit ist vorerst alles gesagt.

> Straßen der Stadt
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 7:59 pm

Rathausdiener Ilmar, vom 30. November 2011, um 20:41 Uhr

Je länger Ilmar mit Pai zu tun hat, desto mehr fasziniert ihn der junge Mann. Selbst Eradan hat mittlerweile die Arbeit niedergelegt und schaut neugierig zu ihnen hinüber, als sich Pai nun zum Abschied verneigt. Ilmar neigt daraufhin ebenfalls sein Haupt, was er bei einem einfachen Bauernlümmel niemals getan hätte.
"Es hat mich sehr gefreut, Phaeleb, Parras Sohn. Mein Name ist Ilmar. Auf ein baldiges Wiedersehen!", antwortet er mit einem väterlich mildem Lächeln im Gesicht.

Und damit ist wirklich alles gesagt.

Als sich der junge Ostling entfernt, sehen ihm die beiden Rathausdiener hinterher, bis Pai über die Treppen entschwunden ist. Eradan öffnet den Mund, um etwas zu fragen, schließt ihn dann aber wieder, als er Ilmars Blick begegnet. Ilmar lehnt sich in seinem Stuhl zurück, faltet die Hände über dem Bauch und sieht nachdenklich und zufrieden aus.
So sitzt er eine Weile fast bewegungslos, bis wieder Leben in ihn kommt. Ilmar beugt sich vor, greift zur Feder, tunkt sie gemächlich in die Tinte und widmet sich wieder ganz seiner Arbeit.


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geschrieben von Darragh
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 8:01 pm

Rathausdiener Ilmar, etwa eine Stunde nach Pai Laos Besuch, vom 18. Dezember 2011, um 20:02 Uhr

Ilmar versucht, sich Pai, dessen Großvater und das geheimnisvolle Buch aus dem Kopf zu schlagen und mit seiner Arbeit fortzufahren. Doch will ihm dies partout nicht gelingen. Immer wieder kreisen seine Gedanken um Pai und dessen weit gereisten, Bücher schreibenden Vorfahren.
Darum macht sich Ilmar eine gute Stunde nach Pais Besuch auf den Weg ins Archiv, um mehr über all dies zu erfahren.
Mit einer Laterne bewaffnet steigt er schnaufend die steinernen Stufen hinab in den Keller. Viele Stufen sind es, die er hinabsteigen muss. Dann folgt ein langer, dunkler Gang, bis er schließlich vor einer schweren Holztür steht. Ilmar holt einen großen Schlüsselring hervor, an dem eine große Vielzahl verschiedenster Schlüssel hängt, die leise klirren, als Ilmar zielsicher den passenden heraussucht. Knarzend öffnet sich die Tür und fällt wenig später lautstark hinter Ilmar ins Schloss.
Ilmar hebt die Laterne an, um möglichst viel von seiner näheren Umgebung zu erleuchten.
Der ganze Raum ist bis zur Decke angefüllt mit Büchern, Schriften, Schriftrollen und Papieren. Einige schon halb zerfallen, die meisten jedoch noch in erstaunlich gutem Zustand, denn der Keller ist kein feuchtes Gewölbe. Irgendwoher kommt ein Luftzug, der die Kerze flackern lässt. Unruhige Schatten tanzen an den Wänden. Ilmar hört ein Rascheln in einer der dunklen Ecken. Wahrscheinlich eine Maus, der Ilmar keine Beachtung schenkt. Er geht auf einen großen, runden Tisch in der Mitte des Raumes zu und zündet dort mithilfe der mitgebrachten Laterne eine Öllampe an, so dass es ein wenig heller im Raum wird.

Es dauert sehr lange, bis Ilmar findet, wonach er sucht. Eine halbe Ewigkeit sucht er mit der Laterne in der Hand die Regale ab. Viele Bücher werden einer näheren Betrachtung unterzogen. Ilmar blättert sich durch unzählige alte Schriften, entrollt Pergamentrollen, die unter seinen Fingern zu zerfallen drohen und findet interessante Dinge, die ihn derart fesseln, dass Zeit und Raum und selbst sein eigentliches Vorhaben kurzzeitig in Vergessenheit geraten.
All seine Mühen werden aber schließlich belohnt. In einem erstaunlich gut erhaltenen Buch (nur der Einband wurde von irgendwelchen Schädlingen angeknabbert) findet er in einer alten Stadtchronik die Eintragungen, nach denen er gesucht hat.
"Ah, da ist es: Thardír, Sohn des Palraht Ulanthir und sein Sohn Tharpuil. Hm. Das müssen der Großvater und der Urgroßvater des jungen Ostlings sein", spricht er zu sich selbst und beugt sich tiefer hinunter, um die Schrift besser entziffern zu können. "Kamen mit der 'Limlyg' nach Tol Banred. Im Jahre 4 VZ." Was dahinter steht, kann Ilmar nicht entziffern, da es verwischt ist. Könnte Schiffbrauch bedeuten. Oder Schiffbruch. Vielleicht auch einfach Schiffsbau? Ilmar erinnert sich, dass Pai erwähnte, dass sie Schiffsbauer in Pelargir waren. Zumindest müssen sie ehrenwerte Bürger der Stadt gewesen sein, sonst wären sie gar keinen Eintrag wert gewesen. Ilmar liest weiter und es bestätigt sich. Von einem ehrenwerten Herrn Thardír ist da die Rede, der sich trotz Gebrechen um die Stadt verdient gemacht hat, indem er dem Fürsten Ecthelion...wieder eine Textstelle, die nicht entziffert werden kann und damit endet der Eintrag. Der Sohn Tharpuil wird nicht weiter erwähnt.
Über ihn findet Ilmar aber etwas an anderer Stelle. Im Hochzeits- Geburten- und Sterberegister findet er neben Thardírs Todestag auch einen Eintrag zur Vermählung eines Tharpuil mit einer gewissen Gretta.
Und in den Aufzeichnungen der Stadtwache ist ein Vermerk über "ungebührliches Verhalten" und eine "Ermahnung" Tharpuils zu finden, verbunden mit einer säuberlichen Auflistung einiger zerbrochener Gegenstände in der Taverne zur Festwiese, die schon längst nicht mehr in Dol Banred existiert.

Ilmar weiß nicht, wie lange er eigentlich nun schon hier unten ist. Aber es muss einige Zeit vergangen sein, denn die Kerze in seiner Laterne ist fast heruntergebrannt. Zufrieden löscht er die Lampe auf dem Tisch, verschließt den Raum ordentlich und steigt die Treppen wieder empor.

Zurück in der Rathausverwaltung nimmt er seine Arbeit wieder auf . Keinem scheint aufgefallen zu sein, dass er so lange weg war. Ilmar lässt sich hinter seinem Schreibtisch nieder, spitzt seine Feder und arbeitet an der Abschrift vor ihm weiter.






geschr. von Darragh
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 8:04 pm

auf den Straßen der Stadt

Pai Lao, vom 07. Dezember 2011, um 19:54 Uhr


< Rathaus

Aufatmend tritt der Junge zurück auf die Straße. Die gemauerte Wand des Rathauses ist ihm dabei eine Stütze. Er schiebt sich an ihr entlang, tastet mit den Fingern über den rauen Stein, und hält erst inne, ein Stück entfernt von der mächtigen Pforte, wo er ungestört seinen Rücken gegen das kühle und feste Gebäude lehnen darf. Als müsste er befürchten, dass seine Beine ihm den Dienst versagen, dass einfach alle Kraft aus seinem Körper gewichen ist... Ja, er ist müde. Unbestreitbar hat die Aufregung an ihm gezehrt. So gönnt er sich für diesen kleinen Moment ein wenig Ruhe und genießt die salzige, frische Meeresbrise zusammen mit den wärmenden Sonnenstrahlen auf der Haut. Vielleicht ist dies der rechte Augenblick, um die Ereignisse Revue passieren zu lassen. Ewig scheint es nun her, dass er wehmütig auf dem Rücken der 'Hundert Mauern' gestanden hat und der Blick zurück in seine Welt, die ihm bekannte Heimat, verwehrt ward von dicken Nebelschwaden in der Ferne und den Wolken gefrierenden Atems vor seinem Gesicht. Er hatte gesungen Lebe wohl meine Liebe, ich kehre nicht wieder. Die Stimme des Windes erschüttert mein Herz, rührt mich zu Tränen... weil er ohne jenes Lied seine Gedanken und Gefühle nicht hätte besser ausdrücken können. Weit weg liegen jetzt die unbekümmerten Tempelstädte, die Wassererfarbenwälder und das quirlige Treiben am Roten Fluss. Seine Freunde... Sie misst er am meisten. Doch so heftig die Sehnsucht gegenwärtig an ihm rüttelt, so sehr wirkt ihr auch eine andere Kraft entgegen. Eine seltsame Ruhe ist es, die sich Pai nicht erklären kann. Träge blinzelt er in die Sonne. Soll er, oder soll er nicht sofort nach dem Grab des ehrenwerten Urgroßvaters schauen?
Einerseits wäre es bestimmt unhöflich, ihn nicht zu besuchen. Andererseits wartet dieser Geist, wenn er noch da ist, bereits über dreißig Jahre auf Gäste an seinem Grab. Pai hat auch keine Gaben bei sich, die er darlegen könnte. Und es wäre sehr unheimlich, allein eine Toteninsel zu betreten! Kurzum.. er schiebt die Angelegenheit auf. Wenn es die Ruhestätte noch gibt, dann ist sie morgen oder übermorgen auch da. Lieber folgt er Ayios Rat und erkundet die Stadt. Ein bisschen frischer stößt er sich von der Wand ab und begibt sich auf einen Rundgang.

Er entdeckt die Schusterwerkstatt, und mit Begeisterung, die rasch wieder zerschlagen wird, den ehemaligen Tabakhandel eines gewissen Rudi Bolgers dem Türschild zufolge. Aber das Geschäft mit den verrammelten Läden sieht leer und unbenutzt aus. Dann biegt er in die Mauergasse ein, wo noch mehr Häuser auf Bewohner warten. Doch die Töpferei hier ist in Betrieb. Man kann durch die Fenster die Waren bewundern. Am Viehmarkt angekommen biegt er schnell wieder ab. Zu schäbig, zu heruntergekommen. Es stinkt nach üblem Gesindel und dunklen Machenschaften. Ein Ort, den man bei Nacht meiden sollte. Weiter... in die Anduinstraße? Halt, es blitzt grün, durchsetzt von bunten Farbtupfen, zwischen den Gebäuden ein großer Garten! Allemal sind Blumen es wert, einen Blick auf sie zu werfen. Mit kindlicher Freude über den Fund, steigt er über die begrenzende niedrige Hecke und schlüpft in den Garten des Badehauses.

> Badehaus
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 8:05 pm

vor dem Badehaus und in der Eingangshalle

Pai Lao, vom 13. Dezember 2011, um 18:14 Uhr


< Straßen der Stadt

Eine unentdeckte Welt von traulicher Schönheit eröffnet sich ihm hier. Andächtig bewegt er sich die gepflegten Pfade entlang, streicht mit den Fingerspitzen im Vorbeigehen über die weichen Halme farbiger Ziergräser, atmet die ätherischen Düfte der Kräuter und die süßen Aromen der Blumen, und lässt beglückt die Augen schweifen. Über filigrane Blätter und immergrünes, glänzendes Laub. Über Zwergsträucher mit traubigen, leuchtenden Blüten und sauber gestutzte Bäumchen. Über die prächtigen Arten des Nieswurzes und die Kaskaden gelben Winterjasmins, neben anderen unbekannten Exoten. Und zuletzt, erstaunt aber lächelnd, bemerkt er sogar hwa-Blumen, die er zuletzt am Jademeer sah. Wie atemberaubend bunt muss dieser Garten zu späteren Jahreszeiten sein! Ein parfümiertes Farbenmeer! Ein Erlebnis der Sinne! Es ist ein bezaubernder Ort, an dem es leicht fällt, sich wohlzufühlen. Im Moment scheint es unwichtig, wer die lebende Kostbarkeit sein Eigen nennt; Obwohl es Pai interessieren müsste, in welches Herren Garten er ungefragt umher streunt. Viel größere Neugierde weckt hingegen das eigensinnige Gebäude in der Mitte. Ähnlich dem städtischen Haupttempel tragen jene Mauern eine Kuppel. Ist es ein Schrein? Das private Heiligtum vielleicht jenes Fürsten, von dem Ayio sprach? Die Schriftzüge an der prächtigen Eingangspforte geben Aufschluss. Es handelt sich um ein Badehaus! Für die Dauer von fünf Herzschlägen wirkt Pai unschlüssig. Doch als Gast darf er genießen und all das in Anspruch nehmen, was ihm seine Münzen erlauben. Also öffnet er die Tür und tritt ein.

Schwüle, wohlige Wärme empfängt den Besucher sogleich, nebst der Aussicht auf zwei nackte, in Stein gehauene Frauenkörper. Ein wissendes Grinsen huscht über Pais Gesicht. Es ist ja nicht so, dass er völlig fremde Gewässer befährt. Man lernt Einiges auf einer langen Reise durch Mittelerde... Dennoch jagt der blondgelockte, knapp bekleidete Adonis hinter dem Tresen erst einmal einen gehörigen Schauer durch den Leib des Jungen. Nicht, dass er am Ende im falschen Bereich des Etablissements landet! Im besten, von heftigem Dialekt behafteten Schluderwestron nennt er seinen Namen und den Wunsch zu baden, und nimmt schließlich - "Sehr Danke." - lächelnd das Badetuch entgegen.

> Umkleide
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 8:06 pm

in den Umkleideräumen

Pai Lao, vom 17. Dezember 2011, um 19:22 Uhr


< Eingangshalle

Behutsam schiebt der Junge die feuchten, schweren Stoffe des Vorhangs zur Seite. Widerwillen weckt das Gefühl dieser Berührung. Stellt ihm gar die feinen Härchen im Nacken auf. Um vieles angenehmer wäre da doch ein Rollo aus glattem Holz oder eine geflochtene Matte grüner Binsen. Doch der Blick auf die blaue Pracht des Mosaiks entschädigt für den unschönen Raumteiler. Entzückt betrachtet Pai die sanft geschwungenen Wellen zu seinen Füßen. Lässt dann die Augen über die schlichte Einrichtung wandern. Die Fächer des Wandbordes werden einer Prüfung auf Schmutz und Nässe unterzogen und bestehen diese meisterlich. Alles ist sauber gewischt und soweit trocken, seit der letzte Gast hier seine Kleidung gewechselt haben muss. Also kann auch er getrost seinen Hüllen entschlüpfen.
Weste, Hemd, shôu... in dieser Reihenfolge. Penibel legt er seine Sachen zusammen und bringt sie sorgsam im Regal unter. Neben der Bank finden die Sandalen ihren Platz. Allzu kalt ist der Boden glücklicherweise nicht. Dennoch zieht sich unwillkürlich eine Gänsehaut über den Körper des Jungen. Vielleicht verursacht durch den Gedanken an Hagas eindringlich blaue Augen, oder aber von der Erwartung an entblößte weibliche Rundungen... Es verblasst, als er das Tuch um seine Hüften schlingt und damit die blauen Flecke wieder verborgen sind. Sich auf das heiße Wasser freuend, ist es allerdings nur halb so schlimm, sich erneut am Vorhang vorbeizwängen zu müssen, um in den Hauptraum zu gelangen.

> Großes Becken
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 8:07 pm

Hauptraum mit großem Becken

Pai Lao, vom 28. Dezember 2011, um 15:02 Uhr


< Umkleide

Magisch ist die Ruhe jener Hallen, die im Moment nur von den leisen Geräuschen knisternder Flammen begleitet wird, und es erlaubt, sich mit geschlossenen Augen an ganz andere Orte zu versetzen. So verleitet die feuchte Hitze, an einen der vielen Regentage in Kenkou am Ende des Sommers zu denken. An den müde wirkenden Wald, den der letzte Guss mit glitzernden Juwelen und Edelsteinen verziert hat. An tropfende Blüten in allen Farben die ein Traum hervorzubringen vermag, und die doch zu müde sind um zu duften. An das Wasserfest und halbnackte lustige Menschen mit roten Stirnbändern. Das Pfahlhaus und den Großvater, der bei diesem Wetter gern melancholisch wurde und auf der Veranda in seinem selbstgezimmerten Sessel thronte... Pai lächelt still in sich hinein. Er blinzelt träge und lässt, verfolgt von schönen Erinnerungen, den Blick wandern. Behutsam setzt er die baren Füße, folgt seinen Augen hin zu einer der baumgleichen Säulen und sucht an ihr Halt, damit die Wärme ihn nicht seiner Sinne beraubt. Inmitten der Wölbung der hohen Kuppel entdeckt er das Segelschiff, welches, umhüllt von goldenem Schein, den blauen steinernen Wogen trotzt. Licht- und Schattenspiel täuschen Bewegung vor. Fast könnte man meinen, die Rufe der Möwen zu hören, die weißschäumende Gischt und das Gelächter der Seeleute an Bord. Bauscht sich nicht sogar leicht die Fock im Winde? 'Kratz die Stag, Junge. Das bringt uns Glück.' - Hieß es nicht so? "Aye."
Er lässt sich nieder, nah genug am Beckenrand um eine Hand in das saubere, warme Wasser tauchen zu können. Sogleich verschwimmt das Mosaik am Grunde, verzerrt von den Kräuseln der Oberfläche. Benommen beobachtet er die sich ausbreitenden Wellenkreise. Die Lider werden ihm schwer. Ja, ein klein wenig ausruhen... das sollte gestattet sein...
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BeitragThema: Re: die Ankunft   die Ankunft - Seite 5 EmptySa Jul 13, 2024 8:11 pm

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